Schiedsrichterskandal um Robert Hoyzer
MANIPULATIONSVORWURF
Schiri Hoyzer beteuert seine Unschuld
Der deutsche Fußball steht vor einem seiner größten Skandale. Schiedsrichter Robert Hoyzer soll von ihm geleitete Spiele manipuliert haben, auf deren Ausgang er oder Komplizen zuvor gewettet hatten. Leidtragender könnte unter anderem der Hamburger SV sein. Der Club erwägt rechtliche Schritte. Hoyzer weist die Vorwürfe zurück.Frankfurt am Main - Im Mittelpunkt der Vorwürfe gegen den

Aber auch weitere Spiele, die unter der Leitung Hoyzers gestanden hatten, werden nun untersucht. Neue Enthüllungen sind nicht auszuschließen. Das Ansehen der deutschen Schiedsrichter, die international einen sehr guten Ruf haben, steht auf dem Spiel. Bei einer außerordentlichen DFB-Präsidiumssitzung heute Vormittag werden neue Einzelheiten erwartet. "Wir werden nichts unter den Teppich kehren", kündigte DFB-Pressesprecher Harald Stenger an.
Hoyzer, der mittlerweile seinen Rücktritt als Schiedsrichter erklärt hat, drohen möglicherweise zivilrechtliche Klagen und Schadenersatzforderungen. In der "Bild"-Zeitung beteuerte er seine Unschuld. "Die Vorwürfe machen mich sehr nachdenklich, unruhig und bestürzt. Ich kann sie nicht nachvollziehen." Er habe niemals auf von ihm geleitete Partien gewettet, betonte Hoyzer.
"Ein unglaublicher Schaden"
"Wir werden sehr sorgfältig alle Verdachtsmomente, die in der Vergangenheit auftauchten, aufarbeiten", kündigte Liga-Präsident Werner Hackmann an, "sollte es sich herausstellen, dass es ein Einzelfall ist, wäre der Imageschaden nicht so hoch, auch wenn es eine ganz schlimme Sache ist". DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder sagte: "Es ist allein schon aus psychologischer Sicht ein unglaublicher Schaden entstanden, sowohl für den Deutschen Fußball-Bund als auch für das gesamte Schiedsrichterwesen."
Am vergangenen Mittwoch wurde der DFB von bislang ungenannten Zeugen auf den Fall Hoyzer aufmerksam gemacht. Anschließend musste der ins Zwielicht geratene Schiedsrichter am Freitag vor dem Kontrollausschussvorsitzenden Horst Hilpert Stellung zu den schweren Manipulationsvorwürfen beziehen, beteuerte dabei aber seine Unschuld. Die von Hilpert geladenen und als sehr seriös geltenden Zeugen belasteten dagegen den Schiedsrichter und erklärten, dass offenbar mehrere Fälle der Spiel-Manipulation vorliegen sollen.
In der ARD-Sportschau sprach der geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger erstmals offen von "Betrug": "Wir haben seit Freitag die Erkenntnisse, dass er Spiele manipuliert und selbst eingegriffen hat. Wir haben Zeugen überwiegend aus dem Bereich des Schiedsrichterwesens, die uns sagen, dass sein Verhalten von Wetteinsätzen gesteuert gewesen sein muss."
"Die Vorwürfe sind massiv", sagte Stenger ohne Details zu nennen. Auch zu Anzahl und Namen der Zeugen, die sich erst spät zur Aussage entschieden haben, wollte der DFB-Pressechef keine weiteren Angaben machen. Nach "jetzigem Kenntnisstand" handle es sich "um einen absoluten Einzelfall".
Hoyzer galt als Referee mit großer Zukunft
Der erst 25 Jahre alte Hoyzer galt als aufstrebender Unparteiischer mit großer Zukunft. Der Student hat in den vergangenen beiden Jahren vier DFB-Pokal-, zwölf Zweitliga- und elf Regionalligaspiele gepfiffen. Bei genauer Betrachtung der übrigen Spiele fällt in mindestens fünf weiteren Partien auf, dass Hoyzer auch hier umstrittene Entscheidungen getroffen hat. "Wir werden alle Spiele abklopfen. Außerdem müssen wir mit Wettanbietern sprechen und über eine mögliche Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft beraten", so Stenger.
"Hoyzer ist vor der Vernehmung bei Hertha aus dem Verein ausgetreten, so dass er möglicherweise nicht mehr der Gerichtsbarkeit des DFB obliegt", sagte Stenger. Der schnelle Austritt bei Hertha erhärtete dagegen die Vorwürfe gegen den Nachwuchs-Referee, der seit Beginn der Saison 2002/2003 auf der DFB-Schiedsrichterliste stand und am Freitag seinen Rücktritt erklärt hatte.

Paderborns Geschäftsführer Michael Born erklärte: "Für den Verein ist es ganz schlimm, als erste und einzige mit dem Fall in Verbindung gebracht zu werden." Völlig außer sich vor Wut war Toppmöller. Er habe in Paderborn schon nach 20 Minuten gemerkt, dass "etwas faul" sei: "Der Schiri hat mich meinen Job gekostet." In die gleiche Kerbe schlug auch Clubchef Hoffmann: "Es ist nicht auszuschließen, dass Klaus Toppmöller bei einem anderen Ausgang heute noch Trainer wäre. Hier ist dem HSV und dem deutschen Fußball erheblicher Schaden zugefügt worden."
Ungeklärt bleibt die Frage, warum der DFB nicht schon direkt nach der Partie zwischen Paderborn und Hamburg aktiv geworden war. Die Presse hatte berichtet, dass Hoyzer in der Halbzeitpause in der Kabine der Paderborner gewesen sei und gesagt haben soll: "Spielt ihr mal so weiter, den Rest erledige ich." Ende August hatte der Schiedsrichter-Ausschuss-Vorsitzende Volker Roth diese Vorwürfe noch vehement bestritten. Hoyzer sei weder in der Kabine gewesen, noch habe er die zitierte Äußerung gemacht. Stenger verteidigte im DSF die Vorgehensweise des DFB: "Wir haben das damals intern abgeklopft. Es hat aber keine konkreten Hinweise gegeben, um gezielt zu ermitteln."
Sonderbare Entscheidungen bei St. Pauli-Spielen
Dabei war der Beschuldigte schon zuvor auffällig geworden. Am letzten Spieltag der vergangenen Saison beim Regionalliga-Spiel zwischen Eintracht Braunschweig und dem FC St. Pauli am 5. Juni 2004 hatte Hoyzer mit merkwürdigen Entscheidungen aufgewartet. Hoyzer versagte zwei Treffern von Mourad Bounoua und Philip Albrecht aus unerkennbaren Gründen die Anerkennung, Braunschweig gewann am Ende 3:2. "Sogar die Braunschweiger Spieler haben nicht verstanden, warum die Tore nicht gezählt haben", erklärte Pauli-Trainer Andreas Bergmann. Auch beim Regionalligaspiel FC St. Pauli gegen den VfL Osnabrück (2:3) am 14. August 2004 war es zu sonderbaren Entscheidungen von Hoyzer gekommen.
Möglicherweise klärt sich auch für den FC St. Pauli nach der Sitzung des DFB-Präsidiums am Montag so einiges auf. Die Manipulationsvorwürfe erinnern viele Fans an den Bundesligaskandal vor 34 Jahren: Der damalige Präsident von Kickers Offenbach, Horst-Gregorio Canellas, hatte den Betrug im Sommer 1971 mit einer Tonbandaufzeichung öffentlich gemacht - allerdings waren Schiedsrichter damals in die Betrugsvorgänge nicht involviert.
pjumah - 25. Jan, 13:35
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